DSM-5 – Hinweis und meine Sicht

Die DSM-5 1 ist wohl „die“ Einstufung der American Psychiatric Association 2 zu psychiatrischen Klassifikationen in den USA und ist dort gewissermaßen die „Bibel“ bei der Definition von psychischen Erkrankungen. Hier die Einstufungen in Deutscher Sprache. Meine persönliche Einschätzung zur DSM-5 und Neurodiversität gibt es am Ende des Beitrags.

Vorweg sei gesagt, dass das DSM-5 (erschienen im Jahr 2013) in Deutschland keine verbindliche Basis ist. Hier wird irgendwann einmal hoffentlich auch das offizielle ICD-11 (erschienen im Jahr 2021) angewendet.

In der Vergangenheit wurde medizinisch zwischen dem frühkindlichen Autismus, Asperger-Syndrom und atypischer Autismus gesprochen. Das DSM-5 fasst sie zusammen zur Autismus-Spektrum-Störung. Klingt erst einmal gut, da kein „fader Beigeschmack“ mehr durch die Formulierungen entsteht. Dann gab es ja auch noch die hochfunktionellen Autisten, mit Asperger-Syndrom einhergingen, also klingt das mit dem DSM-5 doch deutlich besser.

Vorteile des DSM-5

Über das DSM-5 werden den Autoren entsprechend die Symptome und Anzeichen definiert und über die Menge dieser Symptome eine Einordnung durchgeführt, ab wann man die Diagnose Autismus-Spektrum-Störung (ASS) stellen kann. So unterliegt eine Diagnose weniger den persönlichen und sicherlich fachlich geprägten Bewertungen der Fachperson, sondern mehr einem Regelwerk. Zudem enthält die dann möglicherweise durchgeführte Diagnose auch Einstufung zur Schwere des Autismus, um damit aufzuzeigen, welche und wie viel Unterstützung eine Person benötigt.

Kritik an der DSM-5

Mein erster Kritik-Punkt ist, dass ich bisher nicht mitbekommen habe, dass dort Autisten teilgenommen haben. Die eigentlichen Fachleute wurden also mal wieder nicht einbezogen.

Dann wachsen die Anzahl der Diagnosen stetig an 3. So stiegen die Diagnosen zwischen 1980 und 2013 von 265 auf 374 an – und das, obwohl beim Autismus reduziert wurde.

Weiterhin wird unterstellt, dass die Autoren leider nicht ganz unabhängig sind, da sie angeblich Geld von der Pharmaindustrie erhalten. Dies wurde auch 2018 wohl festgestellt und zur Erstellung der DSM-5 durften die Einnahmen nur noch max. $10.000 pro Jahr betragen 3. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.

Die Kriterien im DSM-5

Es ist ein Auszug, den ich aus Wikipedia entnommen habe. Er ist stark verkürzt und soll nur die wesentlichen Themen beschreiben 4.

Die Diagnosekriterien lauten:

A) Anhaltende Defizite in der sozialen Kommunikation und sozialen Interaktion über verschiedene Kontexte hinweg. Diese manifestieren sich in allen der folgenden aktuell oder in der Vergangenheit erfüllten Merkmalen:

  • Defizite der sozial-emotionalen Gegenseitigkeit (z. B. ungewöhnliche soziale Annäherung; fehlende normale wechselseitige Konversation, verminderter Austausch von Interessen, Gefühlen und Affekten)
  • Defizite im nonverbalen Kommunikationsverhalten, das in sozialen Interaktionen eingesetzt wird (z. B. weniger oder kein Blickkontakt bzw. Körpersprache; Defizite im Verständnis und Gebrauch von Gestik bis hin zu vollständigem Fehlen von Mimik und nonverbaler Kommunikation)
  • Defizite in der Aufnahme, Aufrechterhaltung und dem Verständnis von Beziehungen (z. B. Schwierigkeiten, eigenes Verhalten an verschiedene soziale Kontexte anzupassen, sich in Rollenspielen auszutauschen oder Freundschaften zu schließen)

B) Eingeschränkte, repetitive Verhaltensmuster, Interessen oder Aktivitäten, die sich in mindestens zwei der folgenden aktuell oder in der Vergangenheit erfüllten Merkmalen manifestieren:

  • Stereotype oder repetitive motorische Bewegungsabläufe; stereotyper oder repetitiver Gebrauch von Objekten oder Sprache (z. B. einfache motorische Stereotypien, Echolalie, Aufreihen von Spielzeug, Hin- und Herbewegen von Objekten, idiosynkratrischer Sprachgebrauch)
  • Festhalten an Gleichbleibendem, unflexibles Festhalten an Routinen oder an ritualisierten Mustern (z. B. extremes Unbehagen bei kleinen Veränderungen, Schwierigkeiten bei Übergängen, rigide Denkmuster oder Begrüßungsrituale, Bedürfnis, täglich den gleichen Weg zu gehen)
  • Hochgradig begrenzte, fixierte Interessen, die in ihrer Intensität oder ihrem Inhalt abnorm sind (z. B. starke Bindung an oder Beschäftigen mit ungewöhnlichen Objekten, extrem umschriebene oder perseverierende Interessen)
  • Hyper- oder Hyporeaktivität auf sensorische Reize oder ungewöhnliches Interesse an Umweltreizen (z. B. scheinbare Gleichgültigkeit gegenüber Schmerz oder Temperatur, ablehnende Reaktion auf spezifische Geräusche oder Oberflächen, exzessives Beriechen oder Berühren von Objekten)

C) Die Symptome müssen bereits in früher Kindheit vorliegen, können sich aber erst dann voll manifestieren, wenn die sozialen Anforderungen die begrenzten Möglichkeiten überschreiten. (In späteren Lebensphasen können sie auch durch erlernte Strategien überdeckt werden.)

D) Die Symptome müssen klinisch bedeutsames Leiden oder Beeinträchtigungen in sozialen, beruflichen oder anderen wichtigen Funktionsbereichen verursachen.

E) Die Symptome können nicht besser durch eine Störung der Intelligenzentwicklung (geistige Behinderung) oder eine allgemeine Entwicklungsverzögerung erklärt werden. Intellektuelle Beeinträchtigungen und Autismus-Spektrum-Störungen treten häufig zusammen auf. Um die Diagnosen „Autismus-Spektrum-Störung“ und „Intellektuelle Entwicklungsstörung“ gemeinsam stellen zu können, sollte die soziale Kommunikationsfähigkeit unter dem aufgrund der allgemeinen Entwicklung erwarteten Niveau liegen.

Schweregrade

Für die Beeinträchtigungen der sozialen Kommunikation (A) und eingeschränkten, repetitiven Verhaltensmustern (B) soll jeweils ein Schweregrad angegeben werden, der die aktuell benötigte Unterstützung beschreibt:

  • Level 3 / Schweregrad 3: „sehr umfangreiche Unterstützung erforderlich“
  • Level 2 / Schweregrad 2: „umfangreiche Unterstützung erforderlich“
  • Level 1 / Schweregrad 1: „Unterstützung erforderlich“

DSM-5 und Neurodiversität

Auch das DSM-5 zeigt, dass Autisten in Schubladen gesteckt werden, die immer mit dem Begriff Einschränkung/Behinderung beginnen. Nach wie vor unterliegt dieses Regelwerk, den alten Denkstrukturen, in denen Autisten die eingeschränkten und behinderten Menschen sind.

Für mich ist dieses Regelwerk eine Vereinfachung in der Kategorisierung von Autisten, jedoch lediglich alter Wein in neuen Schläuchen: Man akzeptiert nicht, dass es Neurodiversität gibt und nicht die Allisten die besseren Menschen sind, sondern wir alle unterschiedlich sind und das auch gut so ist. Wenn ich mir diesen Planeten so anschaue, oder gerne auch konkret in Deutschland das Schulsystem betrachte oder die nicht gelebte Gleichstellung von Frauen erkenne, dann frage ich mich schon, ob wir Autisten behindert sind.


Quellen/Hinweise/Fußnoten:

Bild von Gerd Altmann auf Pixabay