Der Artikel wurde am 18.01.2023 aktuallisiert oder erweitert.
Bereits 1925 wurde von der Ärztin Grunya Sukhareva augenscheinlich das erste mal über Autismus gesprochen, vor fast 100 Jahren. Es begann wohl mit einem 12-jährigen Jungen der zu Grunya Sukhareva in die Klinik gebracht wurde, da durch sein anderes Verhalten gegenüber gleichaltrigen Jungen aufgefallen war. Auch interessierte er sich nicht für Freunde.
Wer war Grunya Sukhareva
Sie war eine sowjetisch Ärztin für Kinder-Psychiatrie und lebte in Moskau. Nach aktuellem Stand war sie die erste Frau und Ärztin, die 1925 sich des Themas Autismus annahm und entsprechend beschrieb. Der übergeordnete Themenkomplex war damals noch das Feld von Schizophrenie.
Bereits ein Jahr später wurde das russische Original in deutsche übersetzt. Leider habe ich kein freies Exemplar des Dokumentes gefunden. Einen Einblick gewährt das Dokument "Sukhareva-Prior to Asperger and Kanner" 1
Der Begriff Autismus war damals noch nicht geboren und Sie verwendete den Begriff "schizoide Psychopathie". Erst knapp 20 Jahre später wurde das Thema Autismus durch Hans Asperger richtig public.
Leider ist der Eintrag zu Grunya Sukhareva im deutschen Wikipedia nur sehr spärlich gefüllt. Da es noch nicht einmal eine Diskussion darüber auf Wiki Deutschland gibt, empfehle ich den englischsprachigen Wikipedia Eintrag zu lesen, der an dieser Stelle zudem viele Links zu Dokumenten und Büchern bietet, meist jedoch gegen Endgeld. Ein häufig zitierter Artikel ist "Sukhareva-Prior to Asperger and Kanner" 2. Im oberen Bereich ist ein Download Button für den vollen text als PDF.
Einen weiteren wirklich umfangreichen Artikel dazu habe ich bei Springer Link gefunden. Der Titel lautet: Pioneering, prodigious and perspicacious: Grunya Efimovna Sukhareva’s life and contribution to conceptualising autism and schizophrenia" 3
Zusammengefasst
Vor Knapp 100 Jahren wurde der Grundstein zu Autismus gelegt. Noch heute ist das Thema in einem kontinuierlichen Wandel, wenn auch nur in kleinen Schritten und sehr zäh. Inzwischen wird neben der Behinderung auch die Tatsache beleuchtet, dass Autisten durch ihre Denkstrukturen wirklich auch besondere Fähigkeiten haben, die denen von neurotypischen Menschen in nichts nachstehen. Jedoch fehlt noch viel, dass man sich auf Augenhöhe begegnet und nicht mehr über neurotypische und neurountypische menschen spricht, sondern über neurodiverse Menschen, die aufgrund Ihrer Behinderung eine Einschränkung haben und Support im täglichen Leben benötigen.
Wenn wir dann noch endlich Förderschulen (früher Sonderschulen) abschaffen, um einen gemeinsamen Unterricht für alle zu haben – und dass mit genügend Lehrern, dann haben wir einen großen Schritt nach vorne erreicht. Denn, um als Kind mit Autismus entsprechend Support zu bekommen, bedarf es – leider – vieler Anstrengungen. Gerade für Eltern und für Erwachsene Autisten ist es nicht wirklich einfach, in dieser von neurotypischen Menschen geprägten Welt bestehen zu können.
Wir sollten mehr neurodivers denken.