Du kannst kein Autist sein, Du hast doch Augenkontakt mit mir

Der Artikel wurde am 09.01.2023 aktuallisiert oder erweitert.

Aussage an einen Autisten: Während wir sprechen haben wir Blickkontakt. Du kannst doch kein Autist sein, Du schaust mir doch ganz normal in die Augen, während wir sprechen. Was soll ich da als Autist antworten?

Die Fragen und Antworten im FAQ-Bereich sind aus verschiedenen Quellen, wie Gesprächen, Dialogen aus Foren, oder öffentlichen Diskussionen.

Antworten:

  • Insbesondere was den Augenkontakt angeht, wurde mir als sehr kleines Kind von einer Dame in der Kirche gesagt, dass ich ein Lügner sei, wenn ich keinen Augenkontakt mit den Leuten herstelle. Jetzt nehme ich viel zu viel Augenkontakt auf, so dass es den Leuten unangenehm ist.
  • Ich starre auf die Stirn. Ich weiß nicht, wie das auf andere Leute wirkt, aber es stört mich, ihnen in die Augen zu sehen, weil ich das Gefühl habe, dass das zu freizügig und zu intim ist.
  • Mein Vater schrie mich immer an, ich solle ihm in die Augen sehen, wenn ich mit ihm rede. Es war schlimm für mich.

Kommentar

Während eines Gesprächs seinem Gegenüber in die Augen schauen zu müssen, ist eine gesellschaftliche Verpflichtung der neurotypischen Welt. Für mich hat das gegenseitige in die Augen zuerst einmal kein Mehrwert für einen Dialog. Zudem hat es auch etwas übergriffiges und unter dem Strich fühle ich mich auch nicht wohl, sehr unwohl. Es ist mir persönlich unangenehm und geht dabei soweit, dass ich mich bei einem Gespräch nicht mehr auf den Inhalt konzentrieren kann und worüber eigentlich gesprochen wird. Dies mache ich immer dann, wenn es angebracht ist, um sein Gegenüber nicht zu verstören. Daher habe ich mir angewöhnt, bei Gesprächen, die es in bestimmten Situation gesellschaftlich erforderlich machen, die neurotypischen Regeln einhalten zu müssen, dass ich mein meinen Blick gerne zwischen den Augen meines Gegenüber habe, auf die Nase schaue, oder auf den Mund. Je nach Abstand zu der Gesprächsperson fällt es niemanden auf! Dazu habe ich nach der Kenntnis um meinen Autismus mein Umfeld einmal befragt. Keiner, wirklich keiner hat es je gesehen. Ist ein Teil von gut gelerntem Masking 😉

Einschätzung::

Wenn es einem Menschen unangenehm ist, jemanden bei einem Gespräch in die Augen zu schauen, dann sollte er es einfach lassen. Die alten und vor allem falschen Weisheiten, wie zB wer nicht in die Augen schaut, der lügt, stimmen eh nicht. Wichtig ist, dass ihr euch wohl fühlt. Im nahen Umfeld könnt ihr es ja auch mit den Menschen mal besprechen, dass es Euch unangenehm ist und welchen Einfluß euer Gegenüber auf den Gesprächsverlauf sieht.

Die neurotypischen gesellschaftlichen Gepflogenheiten erwarten es wohl, dass man einem Menschen während eines Gespräches in die Augen schaut. Durch das schauen auf zB die Nase umgeht ihr das Problem und fühlt Euch dadurch vielleicht besser in der Kommunikation, da die Nase oder der Bereich zwischen den Augen tendenziell ein optisches "Niemandsland" ist und für wenig Ablenkung sorgt. Aus eigenen Erfahrungen heraus kann ich für mich feststellen, dass diese Art von Masking keine wirklicher Energieräuber ist.

Quellen/Hinweise/Fußnoten:

1) Plattform: Reddit

2) Das Original ist hier zu finden:

3) Bild von Arek Socha auf Pixabay